Das Konzept des bundesweit einzigartigen Wohnexperiments WohnenPLUS sieht vor, die Personengruppe der Senioren mit der Gruppe der Alleinerziehenden und deren Kinder in einer Hausgemeinschaft zusammen zu bringen. Beide Gruppen haben in ihrem Alltagsleben oft mit ähnlichen Schwierigkeiten wie finanziellen Nöten, Defiziten an Versorgung von individuellen Bedürfnissen, sinkendem Lebensstandard und sozialer Isolation zu kämpfen. Dagegen haben beide Gruppen jedoch sehr unterschiedliche Ressourcen: Bei Senioren steht meist ein Überangebot an Zeit zur Verfügung, während Alleinerziehende unter Zeitdruck stehen. Einem Verlust von Aufgaben und Verantwortung bei den einen steht eine permanente Überforderung der anderen gegenüber.
Geben & Nehmen
Soziale, wirtschaftliche und organisatorische Schwierigkeiten lassen sich im Versorgungsverbund wesentlich leichter bewältigen. Ziel des Verbundes ist es, dass möglichst viele der ggf. erforderlichen Unterstützungsleistungen gegenseitig durch die Bewohner erbracht werden. Hierbei gilt das Prinzip der Freiwilligkeit und Selbstbestimmung: Können oder sollen die Dienstleistungen nicht hausintern von den Bewohnern geleistet werden, werden sie extern vergeben, z.B. an die AWO im Karl-Bröger-Haus gegenüber.
Im Versorgungsverbund wie im sozialen Miteinander gilt die Maxime: Soviel zwanglose Gemeinschaft wie individuell gewünscht, soviel Privatheit wie innerstädtisch möglich. Die Planer des Projektes haben versucht, jene architektonischen bzw. baulichen Voraussetzungen zu schaffen, die dieses Prinzip befördern. So wurden beispielsweise in den attraktiven Dachgeschossen neben Gemeinschaftsorten wie Küche, Waschraum, Sonnenterrassen (mit Blick über Nürnberg), Freisitz (mit Grillmöglichkeit) auch ein Multifunktionsraum für Festlichkeiten und kulturelle Veranstaltungen (mit Bibliothek, EBK, PC und Beamer) realisiert. Dieser Raum kann – ebenso wie eine Gästewohnung im 1. OG – auch von externen Quartiersbewohnern genutzt werden.
Im Wohnbereich entstanden – zugeschnitten auf die individuellen Lebenssituationen der Personengruppen – 44 Wohneinheiten von 1–4 Zimmern mit sehr unterschiedlichen Größen und Grundrissen. Integriert wurde eine 3‑gruppige KITA für 62 Kinder, in der sowohl die Kinder der Alleinerziehenden als auch Kinder des Stadtviertels betreut werden. Synergieeffekte ergeben sich auch dadurch, dass Hausbewohner in der KITA arbeiten und einige Senioren die KITA ehrenamtlich unterstützen.
Ein weiterer, nicht unwichtiger Baustein des Konzeptes ist das kleine Café mit Bäckerei im Haus. Das Café verkauft hauptsächlich deutsche Backwaren und wird von einer türkischen Familie betrieben. Es belebt den verkehrsberuhigten Platz vor dem Haus und wird von den Haus- und Stadtteilbewohnern sehr gut angenommen. KITA und Café ergänzen die Wohnform in idealer Weise und tragen – wie die Gemeinschaftsräume – stark zur Vernetzung des Projektes mit dem Quartier bei.
Der laufende Betrieb des Hauses wird nach den Prinzipien Selbsthilfe, Selbstbestimmung und Selbstverwaltung organisiert. Über einen gewählten Bewohnerrat und über diverse Arbeitskreise gibt es viele Möglichkeiten der aktiven Mitgestaltung.
Mehr Zeit fürs Leben
Leitlinien des Projektes sind
- das soziale Miteinander
- Selbstbestimmung
- die Vernetzung mit dem Quartier
- ökonomisches Wirtschaften
- ökologisch bewusstes Handeln
Der zentrale Standort bietet gerade für beide Zielgruppen der Wohnform – Alleinerziehende mit ihren Kindern und ältere Menschen – immense Vorteile:
- alles ist fußläufig erreichbar
- auf ein Auto kann verzichtet werden
- Besuche zu und von Verwandten und Freunden werden erleichtert
- problemlose Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben
Die Mischung macht’s
Von den 44 Wohneinheiten im Haus sind 33 Sozialwohnungen und 10 Wohnungen freifinanziert. Eine Wohnung dient als Gästewohnung. Die Sozialwohnungen teilen sich in 23 Wohnungen für Senioren und 10 Wohnungen für Alleinerziehende und deren Kinder auf. Die freifinanzierten Wohnungen sind an Senioren vermietet. Etwa 20% der Hausbewohner sind Ausländer oder deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund.
Durch unterschiedliche Größen und Grundrisse der – allesamt barrierefreien – Wohneinheiten wird es möglich sein, dass Bewohner auch dann im Haus verbleiben können, wenn sich ihre Lebenssituationen ändert. Dies fördert u.a. auch die »soziale Nachhaltigkeit« des Projekts.
Sicherheit für alle
Das Projekt trägt sich über eine sog. »Vermietungsgenossenschaft«: Gestaffelt nach dem persönlichen Einkommen zahlt jeder Bewohner einen einmaligen Betrag von 100,- bis 400,- €/qm Wohnfläche zusätzlich zur späteren Miete. Daraus ergibt sich ein Eigenkapital von ca. 10% der Baukosten. Mit dem Grundbetrag in Form von Genossenschaftsanteilen erwirbt der Bewohner auch Wohnrecht auf Lebenszeit: Dies gibt den Bewohnern Sicherheit und Schutz vor Kündigung.
Die Mieten liegen mit 7,96 €/qm Kaltmiete für Sozialwohnungen und 8,83 €/qm für freifinanzierte Wohnungen etwas niedriger als es der offizielle Mietspiegel ausweist; der genossenschaftlich erstellte Bau verspricht moderate bzw. sehr niedrige Mietsteigerungen für die Zukunft.
Info-Broschüre andersWOHNEN eG (PDF-Datei)
Satzung der Genossenschaft (PDF-Datei)
TV-Reportagen der Medien PRAXIS über andersWOHNEN (ext. Link)
Ausschnitt aus der ersten TV-Reportage (auf YouTube)